Proteinbedarf von Veganern

Proteinbedarf von Veganern

Sind pflanzliche Proteinquellen tatsächlich schlechter als tierische? Haben Veganer*innen einen anderen Proteinbedarf als Mischköstler? Um diese Frage zu beantworten, müssen zunächst einige Begrifflichkeiten geklärt werden.

Hochwertige Proteine und die Biologische Wertigkeit 

Neben Proteinenqualität liest/hört man auch oft der Begriff „vollständiges Protein“ oder auch „Biologische Wertigkeit“.

Von den 21 Aminosäuren, die der Mensch dazu nutzt, Gewebe aufzubauen, sind 9 Aminosäuren essentiell, d.h. sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Die restlichen 12 Aminosäuren kann der Körper jeweils aus den anderen herstellen – manche besser, manche schlechter. Sowohl der Begriff der „Vollständigkeit“ eines Proteins als auch die Biologische Wertigkeit beziehen sich daher besonders auf das Vorhandensein dieser 9 essentiellen Aminosäuren, die schließlich über die Qualität von Proteinen entscheiden. Ein Nahrungsmittel, das alle 9 essentiellen Aminosäuren besitzt, wird als „vollständig“ bezeichnet. Dies trifft allerdings tatsächlich auf nahezu alle natürlichen Lebensmittel zu, wobei einige (insbesondere einige pflanzlichen Nahrungsmittel) nur sehr geringe Mengen einzelner essentieller Aminosäuren enthalten (Kollagen wäre eine Ausnahme aus der karnivoren Ernährung, denn hier fehlt die Aminosäure Tryptophan). Die Biologische Wertigkeit geht daher noch einen Schritt weiter und betrachtet zusätzlich noch das Verhältnis der essentiellen Aminosäuren untereinander. Je näher dieses Verhältnis im Nahrungsmittel dem Verhältnis der Körperproteine des Menschen ist, desto biologisch hochwertiger ist das Protein. Die Biologische Wertigkeit wird auf einer Skala gemessen, auf der das Hühnerei ursprünglich als Referenz angenommen wurde und den Wert 100 erhielt. Durch Kombination unterschiedlicher Nahrungsproteine können aber auch höhere Werte erreicht werden. 

Wieso spielt das eine Rolle? 

Damit der Körper regenerieren und wachsen kann, nutzt er Aminosäuren aus denen er Gewebe regeneriert und aufbaut. Diese Vorgänge können nur durchgeführt werden, sofern genug Aminosäuren zur Verfügung stehen. Fehlt eine einzelne Aminosäure, ist dies solange unkritisch, wie es sich dabei um eine nicht-essentielle Aminosäuren handelt. Mangelt es dagegen auch nur an einer einzigen essentiellen Aminosäure, so kommen diese Aufbauprozesse zum Erliegen, selbst dann, wenn andere Aminosäuren noch in rauen Mengen vorrätig sind. Wachstum und Regeneration wird also nach dem „Minimumgesetz“ immer durch das Vorkommen der knappsten Ressource bestimmt.

Eine einfache Möglichkeit der Verbesserung der biologischen Wertigkeit einer Mahlzeit ist die Zufuhr von essentiellen Aminosäuren.

Wie hoch ist der Proteinbedarf von Veganern?

Jetzt, wo wir den Begriff der Proteinqualität kennengelernt haben, können wir auch den Proteinbedarf bei vegetarischer bzw. veganer Ernährung klären. Proteinzufuhrempfehlungen wurden meist auf Basis von Mischköstlern erstellt. Die Frage ist, ob diese Empfehlungen auch für Vegetarier*innen und Veganer*innen gelten?
Wir wissen, dass nicht nur die Menge von Proteinen eine Rolle spielt, sondern auch deren Qualität (bspw. die biologische Wertigkeit oder der DIAAS). In diesen Bewertungen wird die Qualität von veganen Proteinquellen oft minderwertiger eingestuft als tierische. So sind essentielle Aminosäuren meist in geringeren Mengen und auch in einem weniger ausgewogenen Verhältnis in pflanzlichen Lebensmitteln vorhanden. Die biologische Wertigkeit von pflanzlichen Quellen reicht meist nicht an die Wertigkeit tierischer Quellen heran. Untersuchungen fanden heraus, dass Veganer*innen deshalb etwa 20% mehr Proteine aufnehmen sollten als Mischköstler, um diese Umstände auszugleichen.
Wie hoch der Bedarf bei unterschiedlichen Sportarten dann tatsächlich ist, kannst du hier nachlesen. 

Neben einer guten Vorbereitung, einer sorgfältigen Zubereitung oder der Kombination unterschiedlicher Lebensmittel, kann die Einnahme von zusätzlichen essentiellen Aminosäuren helfen, die biologische Wertigkeit einzelner Mahlzeiten – oder grundsätzlich auch die Tagesbilanz – dahingehend zu verbessern, dass eine Mehraufnahme von Nahrungsproteinen für Veganer gar nicht notwendig wird.

Verzehrempfehlungen sollten jedoch immer im ganzheitlichen Kontext mit dem Ernährungsstatus und Aktivitätsniveau betrachtet und auf die jeweilige Person abgestimmt werden. Im Falle von zugrunde liegenden Grunderkrankungen (in diesem Zusammenhang insbesondere der Nieren) sollte immer zuerst ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt/Ärztin geführt werden, bevor eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten vorgenommen wird.

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