Gehört Histidin zu den essentiellen Aminosäuren?

Gehört Histidin zu den essentiellen Aminosäuren?

Über die Anzahl der essentiellen Aminosäuren (EAAs) herrscht oftmals Verwirrung. Die Nummernangaben variieren dabei meist zwischen acht und neun EAAs.
Dies liegt daran, dass Histidin lange Zeit nicht als essentielle Aminosäure gewertet wurde und somit teilweise nur acht Aminosäuren aufgelistet werden.

Histidin ist eine Aminosäure, die viele Funktionen im Körper erfüllt. Neben der Bildung vieler Enzyme und der Hilfe bei der Aufnahme des Spurenelements Zink, spielt Histidin eine besondere Rolle bei der Bildung des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin in den roten Blutkörperchen und ist Bestandteil bestimmter Strukturen der Skelettmuskulatur.

Die Tatsache, dass Histidin zunächst nicht zu den essentiellen Aminosäuren gezählt wurde, liegt in zwei Aspekten begründet: Einerseits ist der menschliche Körper in der Lage, eine geringe Menge Histidin selbst zu synthetisieren. Andererseits konnte man in Untersuchungen zunächst keine negativen Auswirkungen einer Histidin-armen oder sogar -freien Ernährung feststellen. Aufgrund dessen wurde Histidin zu den semi-essentiellen Aminosäuren gezählt. Was man bei den Untersuchungen allerdings nicht berücksichtigt hatte, war, dass der Körper über große Speicherdepots von Histidin, in Form von Hämoglobin und besagten Bestandteilen der Muskulatur verfügt. In Zeiten einer mangelnden Zufuhr ist der Körper in der Lage, auf diese Speicher zuzugreifen und die unzureichende Zufuhr zu kompensieren. Erst spätere Untersuchungen konnten zeigen, dass diese Kompensation schädliche Auswirkungen auf den Organismus haben kann. So wurde bei einer unzureichenden Histidin-Versorgung eine Reduktion der Hämoglobin-Konzentration des Blutes festgestellt. Mit dieser schädlichen Hämoglobinreduktion begründete man schließlich auch die Einteilung des Histidins als essentielle Aminosäure. Aber auch die Verminderung der Konzentration von einzelnen Bestandteilen der Muskulatur ist vor dem Hintergrund einer optimalen Funktionsweise, insbesondere bei Sportlern zu vermeiden.
Histidin wird somit inzwischen als essentielle Aminosäure angesehen, deren ausreichende Zufuhr vor dem Hintergrund fundamentaler körperlicher Funktionen sichergestellt werden sollte, da die körpereigene Synthese hierfür nicht ausreichend ist. 

Ein Beitrag von Nils Olson, Sportwissenschaftler M.Sc.

Literatur

World Health Organization, & United Nations University. (2007).Protein and amino acid requirements in human nutrition(Vol. 935). World Health Organization.

Kopple, J. D., & Swendseid, M. E. (1975). Evidence that histidine is an essential amino acid in normal and chronically uremic man. The Journal of clinical investigation55(5), 881-891.

Cho, E. S., Anderson, H. L., Wixom, R. L., Hanson, K. C., & Krause, G. F. (1984). Long-term effects of low histidine intake on men. The Journal of nutrition114(2), 369-384.
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